Freye Bogenschützen zu Landespurch - Mitglieder  

Ernst zu Gerenshusen

Münzmeister der Freyen Bogenschützen zu Landespurch

Geboren in Mühldorf am Inn im Herzogtum Baiern als Stammhalter des Zeugschmieds Ernst und der bürgerlichen Hildegard waren meine ersten Lebensjahre zwiegeprägt: Zum einen sollte ich den Anforderungen als Erbe der väterlichen Schmiede gerecht werden, zum anderen wurden mir Rechenwerk und Alphabet eingebläut, um den Berufsstand des Dienstmanns in der mütterlichen Linie fortzuführen.

Das Schmieden ging mir leicht von der Hand, aber auch Rechenkünste und Schrift verbargen mir nicht ihre Geheimnisse.

Von der Mutter gedrängt, das Schmieden zu lassen und mich mehr dem geistigen Studium zu widmen, vom Vater gescholten, weil Lesen und Schreiben in der Zeugschmiede von geringem Wert und damit Zeitverschwendung seien, wurde mir bald klar, dass eine Entscheidung für die eine Seite unweigerlich den Bruch mit der anderen Seite zur Folge hätte.

Just zu dieser Zeit (1155) zog ein Tross des Herzog Otto I. durch Mühldorf, der mit nur 200 Soldaten die Veroneser Klause freigekämpft hatte, um dem frisch gekrönten Kaiser Barbarossa die Rückkehr aus Italien nach Deutschland zu ermöglichen. Wie jeder Junge meines Alters träumte ich von Heldenruhm und Ritterehre, wobei letzteres natürlich aufgrund meines Standes ausgeschlossen war. Eine glückliche Fügung führte den Zeugmeister des Trosses zu unserer Schmiede, um einige Ausbesserungsarbeiten in Auftrag zu geben. Hierbei entdeckte er mich, mit der Wachstafel bei meinen täglichen Schreibübungen im Schatten des Hausgartens sitzend.

Am Abend in der Stube erklärte mir der Vater, der Herr Zeugmeister habe nach meinen Fertigkeiten gefragt und sei darob bass erstaunt gewesen. Er habe dem Vater daher angetragen, mich in seine Obhut zu nehmen, um in der Zeugmeisterei Dienst zu tun. Dort seien sowohl mein handwerkliches Geschick als auch meine Fertigkeiten in Schrift- und Rechenkunst von großem Vorteil. Ob hier Münz den Besitzer gewechselt hat, oder ob der Vater einfach nur froh war, den Familienzwist so zu beenden, habe ich nie erfahren. Anderntags befand ich mich bereits auf dem Weg nach Regensburg, das der Zeugmeister Sepp sein Zuhause nannte und wo er von seinem Herrn, dem Herzog, erwartet wurde.

Meister Sepp, der in Friedenszeiten eine Waffenschmiede zu Regensburg führte und ein angesehenes Mitglied der Regensburger Bürgerschaft war, lehrte mich in den folgenden Jahren seine Schmiedekunst und das Führen der herzoglichen Zeugbücher. Dass ein guter Waffenschmied auch den Gebrauch der von ihm hergestellten Waffen beherrschen muss, erfuhr ich schmerzhaft in den allabendlichen Übungsstunden mit Schwert, Pike, Pfeil und Bogen.

1161 erhielt ich die Ehre, Meister Sepp als Gehilfe zu begleiten. Er war als Zeugmeister dem kaiserlichen Berater Erzkanzler Rainald von Dassel für dessen neu aufgestelltes Heer zugewiesen worden. Wir zogen über die Alpen nach Italien, wo das tapfere Heer schließlich 1162 Milano erobern konnte, Brescia, Piacenza und Bologna folgten in kurzen Abständen. Meine militärische Mitwirkung beschränkte sich hierbei allerdings auf die Ausgabe und die Reparatur von Waffen. Dennoch konnte ich aufgrund meiner Fertigkeiten im Bogenschießen dem Heer zu Diensten sein: Nicht selten hob ein Soldat den Becher auf den Jäger, der ein wenig Abwechslung in den Suppentopf gebracht hatte.

Auf dem Rückweg nach Deutschland erkrankte Meister Sepp an der Ruhr und verstarb innerhalb weniger Tage. Ich führte die Zeugmeisterei an seiner statt so gut ich es vermochte, bis wir wieder in Regensburg ankamen.

Gedankt wurde mir dies mit einem Rauswurf aus der Schmiede. Die Zunftmeister duldeten nicht, dass die Werkstatt von einem Gesellen geführt wurde, zumal Meister Sepp vor seinem Ableben nicht mehr dazu kam, mich in die Zunftrolle eintragen zu lassen. So schnürte ich mein Bündel und ging auf die Walz, die mich kreuz und quer durch unser schönes Baiernland führte.

Nahe des kleinen Markts Munichen lernte ich mein holdes Weib Susanne kennen und lieben. Hier hörte ich auch von der Verlegung der Salzstraße an den Lech und beschloss, dort mein Glück zu versuchen.

1165 erreichte ich Phetine, eine Siedlung am Lech, die von einer kleinen Feste, genannt Castrum Landespurch überragt wurde. Die noch relativ junge Burg (man sprach von nicht einmal 10 Jahren) wurde eigens zum Schutz der Brücke errichtet, die die schwäbische Seite des Lechs mit der baierischen Seite verband. Hier wurden Handwerker dringend gebraucht und nach dem Gesellenbrief fragte niemand, solange man sein Handwerk verstand. Nach kurzer Probezeit konnte ich meine Auskommen in der Burgschmiede und schließlich sogar ein kleines Anwesen im nahe gelegenen Dorf Gerenshusen erwerben.

Die Besatzung der Burg bestand aus nur zwei Rittern, einer Handvoll Knappen, nicht einmal 10 Pikenieren und der gleichen Anzahl Bogenschützen. Eigner der Burg und damit mein Dienstherr war der Herzog von Baiern, vom Volk Heinrich der Löwe genannt.

Dieser ließ zwar sowohl Brücke als auch Burg errichten, kümmerte sich aber augenscheinlich nicht zu sehr um die Ängste und Sorgen des Volkes. Die Brücke verhalf Burg und Dorf zu bescheidenem Reichtum, doch damit wuchs auch die Gefahr, von den Schwaben und anderem Gesocks überfallen zu werden.

1168 schlossen sich daher einige mutige Leute aus Landespurch (statt Phetine nannte man den wachsenden Ort inzwischen nach dem Castrum) und Umgebung zu den "Freyen Bogenschützen zu Landespurch" zusammen, darunter freie Bauern (meist Zweit- und Drittgeborene), Handwerker und einfache Bürger. Der Zusammenschluss wurde sowohl von den Landespurchern, als auch von der Burgbesatzung gebilligt und unterstützt, verhalf es doch beiden zu einem höheren Maß an Sicherheit. So fehlte es dem Verband auch nicht an Ausrüstung, die bereitwillig insbesondere von den örtlichen Händlern und Handwerkern gespendet bzw. mit Hilfe der überlassenen Materialien selbst gefertigt wurde.

Auch mein Weib, die auf unserer Wanderung gar meisterlich mit Pfeil und Bogen umzugehen gelernt hatte, und ich erkannten die Not und den Nutzen dieser Vereinigung.

So darf ich mit Stolz meine Sippe zu den Mitgründern der Gruppe rechnen. Derzeit habe ich das Amt des Münzmeisters inne.

Wenn Pflichten und Anliegen der Burg und der Freyen Bogenschützen es gestatten, verlebe ich mit meiner Sippe - inzwischen bereichert um einen Stammhalter und zwei liebreizende Töchter - die Tage in Gerenshusen.


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